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STAMAPOSTELDIENST IN AMSTERDAM 1936. (Folgenden
Bericht hat uns Apostel Peter Kuhlen, Düsseldorf, zur
Verfügung gestellt.) Bron: UF. mei 1936

Ankunft am Ostermorgen vor der Apollohalle in
Amsterdam Sowie der Stammapostel laufend die
einzelnen Apostelbe, zirke innerhalb Deutschlands
besucht und bedient, obliegt ihm u. a. auch die Fürsorge
für die Gotteskinder in Holland.
In diesem kleinen Nachbarlande sind bei seiner dichten
Bevölkerung viele, viele neuapostolische Gemeinden, die
unter der Leitung des Apostels van Oosbree in Amsterdam
stehen. Die neuapostolische Gemeinde besitzt in Holland
allein über 60 eigene, selbsterbaute, meist größere
Kirchenlokale. Wenn man bedenkt, daß diese Gebäude nur
einem Teil der neuapostolischen Gemeinden Hollands
dienen und viele andere Gemeinden sich in Mieträumen
versammeln, so vermag man sich schon ein Bild von der
Ausdehnung des neuapostolischen Glaubensvolkes in den
Niederlanden zu machen. Insgesamt umfaßt der Bezirk 107
Gemeinden.
Den Gotteskindern Hollands hatte nun der Stammapostel
für die verflossenen Ostertage seinen Besuch zugesagt.
Weiter, hin hatte Apostel van Oosbree für diese Tage
auch alle andern europäischen Apostel eingeladen — „uitgenoodigt",
sagen die Holländer. Soweit nun die Apostel abkömmlich
waren, sind sie
der Einladung gefolgt. Mit den Aposteln Dach und
Schmeling begab auch ich mich am Tage vor Ostern auf die
Reise nach Holland. Im DrZuge in Düsseldorf trafen wir
bereits den Stammapostel sowie die Apostel Gutbrod,
Hartmann, Güttinger, Schall und Schneider. Das Wie-
dersehen löste in uns, die wir uns im Geiste der Liebe
eng verbunden fuhlen, wie immer grosse Freude aus. In
Duisburg gesellte sich noch Apostel Schiiring aus Herne
zu uns.
Weiter ging die Fahrt über Oberhausen, dann über das
alte Soldatenstädtchen Wesel, über Emmerich und kurz
hinter Ehen am Niederrhein über die holländische Grenze.
Wochen vor unserer Reise hatte der Frühling am Nieder-
rhein und in Holland bereits Einzug gehalten. Ueberall
er- freuten frisches Grün, blühende Blumen und Bäume das
Auge. Am Tage der Reise jedoch schien der Winter, dieser
kalte und unfreundliche Geselle, wieder zurückkommen zu
wollen, denn durch das Fenster des Abteils bot sich dem
Auge nicht nur das Bild der erwachten Natur, sondern
auch finstere Wolken wur- den sichtbar und gar bald
schütteten diese Wolken Schnee in tollem Flockenwirbel
zur Erde. Doch auch dieses Bild weck- selte wieder und
Hagel prasselte hernieder. Der Wind strich kalt an den
Fenstern des Zuges entlang. Der Winter schien nicht zu
begreifen, daß seine Zeit doch nun abgelaufen sei und er
dein lebensfrohen Jüngling Lenz Platz zu machen habe.
Wem kommen da nicht immer wieder die Dichterworte in
Slen Sinn :
„Und dräut der Winter noch so sehr mit trotzigen Ge
bärden, und streut er Eis und Schnee umher: Es muß doch
Frühling werden."
Wohl kann der sterbende, kalte, rauhe Winter dein
neuerwachten Leben viel Schaden zufügen, aber das Leben
vernichten, die Auferstehung der Natur gänzlich unterbin,
den, das kann er nicht. Die Sonne als Lebensweckerin er-
weist sich über kurz oder lang immer als stärker.
Das waren die Gedanken, die mich beim Anblick des zum
nahen Osterfeste so gar nicht passenden Wetters be-
schäftigten. Näher und näher kamen wir dabei dem Ziele
unserer Reise: U t r e c h t. Auf dem Bahnsteig des Bahn,
hofes in Utrecht hatten sich Apostel van Oosbree, sowie
der Opziener (Bischof) Jochems und viele andere Brüder
und Schwestern zur Begrüßung eingefunden. Wenige Mi...

nuten nach unserer Ankunft lief dann auch der DeZug ein, der die
Apostel Steinweg, Knigge und Rockstroh brachte.
Von Utrecht fuhren wir dann in 3/4"stündiger
Omnibusfahrt in unser Quartier, wo wir nach Einnahme des
Abendessens im Kreise der Apostel noch einige Zeit
beisammen saßen. Da jedoch am nächsten Morgen der
Gottesdienst recht früh angesetzt war und wir bis zum
großen, gemieteten Versammlungsraum in Amsterdam auch
noch eine längere Omnibusfahrt vor uns hat» ten, begaben
wir uns bald zur Ruhe.
Am frühen Morgen des ersten Ostertages zeigte uns lein
Blick durch das Fenster ins Freie, daß während der Nacht
Schnee gefallen war, und drohende Wolken am Firmament
ließen vere muten, daß das Osterfest nach außen hin
nicht allzuschön zu werden schien. Auf der Fahrt von
unserm Quartier nach Amstere dam begann es denn auch
bald zu schneien, und Schnee, Regen, Sonnenschein, Hagel
lösten in wechselnder Folge einander ab: April — April!
Gewiß ist jedoch, daß dem April der Mai folgt, und
dieser Gedanke gibt neues Hoffen.
Mit crem von Apostel van Oosbree für die Tage unseres
Aufenthaltes in Holland gemieteten Omnibus gelangten wir
zur rechten Zeit
in Amsterdam
an. Die Umgebung der riesigen Apollohalle, die für den
Vore mittag des 1. Ostertages gemietet worden war, bot
einen herze erfreuenden Anblick: Auf den großen freien
Parkplätzen rund um die Halle stand Auto neben Auto,
Omnibus neben Ome nibus. Alle Fahrzeuge hatten
Geschwister herbeigebracht. Dae nach zu urteilen, mußten
viele Geschwister zum Festgottesdienst zusammengekommen
sein.
Unsere nach dem Anblick der unzähligen Autos und Omnie
busse hochgespannten Erwartungen wurden aber beim Betre,
ten des weiten, geräumigen Saales noch übertroffen.
Welch eine Menge Glaubensgeschwister hatte sich da
eingefunden, um den Stammapostel zu sehen und zu hören.
S e c h s t a u s e n d gläubig harrende Seelen
ersehnten den Augenblick des Herein-
tretens des Stammapostels und seiner Mitapostel.
Bewegten Her-
zens sangen die Tausende beim Eintritt der Erwarteten
das Bee
grüßungslied.

Ausschnitt aus dem Festgottesdienst in AmsterdamBei
dieser Begrüßung allein aber blieb es nicht. Zwei „hollandsche
meisjes" (holländische Mädchen) kamen mit blu-
mengefülltem Korbe und überreichten dem Stammapostel und
den andern Aposteln Blumensträußlein. Die Wand hinter
dem Podium war in einer Höhe von etwa sieben bis acht
Metern und in einer Breite von fünf Metern mit einer
großartigen Blumenzusammenstellung geschmückt. Das uns
allen bekannte Symbol auf der ersten Seite unserer
Wächterstimme — übrigens auch dem auf der ersten Seite
des in Holland erscheinenden „Hersteld Apostolisch
Weekblad" gleich — war aus Tau» senden und Abertausenden
blühender Blumen zusammen» gesetzt. Das auf dem Bilde
erscheinende wogende Meer war durch frisches Grün
dargestellt. Die aufgehende Sonne und deren Strahlen
waren aus prächtigen, gelben Narzissen nach» gebildet
und das Riesenkreuz bot sich dem Auge im feurigen Rot
herrlicher Tulpenblüten. Die Herstellung dieses Blumen-
gemäldes hatte verschiedene Tage und Nächte hindurch
mühe» volle Arbeit gekostet. Das alles aber vermag die
Liebe.
Die einleitenden Worte sprach Apostel v an O o s b r e e
zu den Versammelten und fragte sie, ob sie dem
Stammapostel ein offenes Ohr und Herz darbringen wollten,
worauf ein kräftiges Ja seitens der Tausenden erscholl.
Ln Bitten um den Ostersegen vereinigte sich dann der
Stamm, apostel mit allen Aposteln und Gotteskindern zum
Gebete.
Der Stammapostel bedauerte es sehr und brachte es zu Be-
ginn zum Ausdruck, daß er der' holländischen Sprache
nicht mächtig sei und daher zu den Versammelten nicht in
ihrer Landessprache reden könne. Als er aber versicherte,
daß er mit umso größerer Liebe ihnen begegnen und
dadurch suchen wollte, den Mangel der beeinträchtigten
Verständigungsmög- lichkeit zu überbrücken, glänzten
aller Augen vor Freude. Der Stammapostel war längere
Zeit nicht in Holland gewesen. Wohl war er schon öfter
zum Besuche in Holland gemeldet, aber vet.»
schiedentlich war er durch besondere Umstände zum
bestimme ten Termine an der Reise nach Holland
verhindert. Durch dieses längere Fernbleiben war die
Sehnsucht nach einem Wiedersehen sehr groß geworden. Das
Verlangen, des Herrn Wort aus dem Munde des
Stammapostels zu hören, war in den Herzen mächtig rege.
Ein Teil der holländischen Geschwister versteht die
deutsche Sprache, alle aber lauschten mit großer Andacht,
als der Stammapostel in der ihm eigenen Art ruhig und
zielbewußt, in klaren und deutlichen Worten das Ostere
leben und den Osterfrieden in die Herzen zu bringen
suchte. Er bewies, daß ein Stehenbleiben bei den
geschichtlichen Auf- erstehungsereignissen nicht genüge,
sondern vielmehr der Auf- erstandene durch seinen Geist
in uns leben und Gestalt gewinnen müsse. Wichtig sei vor
allen Dingen, daß wir am Tage des Herrn Teilnehmer sein
dürfen an der ersten Auferstehung.
Apostel Gutbrod hat dem Stammapostel zur Seite ge-
standen und den Gotteskindern gedient; weiter half auch
A p o s t e 1 G ü t t i n g e r mit, die Osterfreude zu
vernehmen.

Kein Stuhl war mehr frei. Webteam 15-12-2006. |